........ umfasst knapp 300 Seiten. Was die „Lesart“ angeht – bisher zeigte uns die Farbigkeit der Blätter, was wir mit welcher Intensität wo finden und bewerten können – nun ist alles weiß; es fehlen Diagramme und Vergleiche mit den Vorjahren – das wird vermutlich in den Folgejahren wieder anders werden. Weitere Lesehemmnisse sind die neuen bzw. nicht sofort sichtbaren Zuordnungen (selbst Amtsleiter sollen ihre Anmeldungen nicht auf den ersten Blick wiedererkannt haben). Mangels Eröffnungsbilanz bleibt die Vermögensrechnung noch ein Torso, die Gleichsetzung von Verwaltungshaushalt mit Ergebnishaushalt und Vermögenshaushalt mit dem Finanzhaushalt ist nur eine ungefähre, aber für uns zumindest eine Verstehenskrücke.
Dass die Umstellung buchstäblich auf den letzten Drücker erfolgt, erschwert es noch; der Wechsel im Amt des Kämmerers und des OB ist dabei nur ein Teil der Verzögerung – die Versäumnisse liegen früher. Sie sprechen von einem Paradigmenwechsel: Outputsteuerung statt Inputsteuerung. Es mag ja Mitglieder des Gremiums geben, die bisher HH-Pläne fast nur mit den Augen „Was kostet das alles - wer soll das bezahlen?“ gelesen haben, aber i.A. hat uns schon auch interessiert, was kriegen wir dafür - was haben wir dann - wie wirkt sich das auf die Zukunft aus?“ Finanzhaushalt und Vermögensrechnung bzw. Bilanz ergeben, wenn dann vollständig erfasst, eine klare Aussage über die finanzielle Lage der Kommune. Bisher wurden, je nach Aussageabsicht, meist die Kosten und die Höhe der Verschuldung betont, die Höhe der Rücklagen und die implizite Verschuldung durch mangelnde Investitionen gerieten da manchmal ins Hintertreffen. Die neue Struktur der Teilhaushalte mit einem festgelegten Budget stärkt die Verantwortlichkeit der Budgetverantwortlichen. Um die Aufgabenerfüllung zu gewährleisten, sind im Rahmen des Budgets Verschiebungen möglich, mehr als es bisher über das Instrument der Deckungsfähigkeit möglich war. Um es in ein Alltagsbild zu kleiden: ist unerwartet ein neuer Kühlschrank fällig, wird bei Kinobesuchen gekürzt. Grundsätzlich sorgt die Budgetierung für größere Flexibilität beim Planvollzug. Beweglichkeit hat eine positive Konnotation. Der Amtsleiter steuert, bestimmt und vollzieht, uns stellt sich jedoch die Frage der politischen Korrekturmöglichkeiten des Gremiums. Viele Vorgänge sind für uns als Stadträte schwerer nachzuvollziehen – insbesondere erkennen wir nicht mehr die angelegten Puffer des Kämmerers, die immer vorhanden sind. Insofern sind wir weder in der Lage noch willens, für unsere haushaltswirksamen Anträge Deckungsvorschläge zu machen.
Noch ein paar Anmerkungen zur „Lesart“, die sich nach unserer Klausur ergaben. Die Produktbereiche sind zum Teil sehr groß, etwa im Bereich Kindertagesstätten; bei den kostenrechnenden Einrichtungen, wie z.B. der Musikschule, vermissen wir die gewohnten Aussagen zu Deckungsgrad, Anzahl Schüler, Unterrichtsstunden etc., beim Ansatz für die „sonstige Kulturpflege“ werden Ausstellungen, Konzerte, Kulturnacht, Kinderfeste, Stadtfest und Dorffeste und weiteres zu einer einzigen Summe zusammengefasst. Deswegen ist ein häufigeres und genaueres Reporting wünschenswert. Ein Beispiel für unseren momentanen „Blindflug“ ist z.B. die jeweilige Position 14: Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen. Diese Position subsumiert, am Bsp. Schulen, Miete und Nebenkosten an das Gebäudemanagement, Unterhaltung/Wartung von beweglichem und unbeweglichem Vermögen, Aus- und Fortbildung, Software sowie Lernmittel. Wir können diese Summen schlichtweg nicht einordnen, sie sind z.T. ganz ohne Erläuterung, manchmal steht da dann ein „unter anderem“. Eine weitere Neuerung ist der Begriff der „Transferleistungen“, der so unterschiedliche Dinge beinhaltet wie Zuschüsse an Dritte = Vereinsförderung und die Umlagen an Kreis und Land. Unsere „blauen Seiten“, etwa die Anlage 10, waren da bisher hilfreich.
Rückblick HH-Jahre 2018/19:
In zwei HH-Jahren ergaben sich Verbesserungen von etwa 6 Mio. im Vergleich zur Planung (auch wenn 2019 noch nicht abgerechnet ist). Die Rücklage 2018 wies 10,5 Mio. auf, diese muss 2019 voraussichtlich nicht angegriffen werden. Zum Vergleich das sehr beängstigende Szenario Dezember 2016: 2020 sei die Rücklage bis auf 100.000 € abgeschmolzen! Mögliche Erklärungen: unerwartete Mehreinnahmen, unerwartete Einsparungen – nicht getätigte Ausgaben/Investitionen oder überhöhte (bei den Ausgaben) bzw. zu pessimistische Annahmen. Ich komme darauf noch einmal zurück.
Unsere wiederholt gezeigte Skepsis bzgl. der Aussagekraft der Mifrifi (Mittelfristige Finanzplanung) - und der damit einhergehenden Angst vor Überschuldung - findet hier ihre Bestätigung.
Haushalt 2020: Politische Großwetterlage.
Leider sind die Finanzbeziehungen von Land und Kommunen immer noch nicht geklärt. Bei der Integration von Geflüchteten legen die Kommunen und Landkreise immer noch drauf, obwohl diese Kosten als Weisungsaufgabe des Landes voll erstattet werden müssten – es kann nicht sein, dass dies jedes Jahr erneut Inhalt von zähen Verhandlungen ist. Die Mär vom armen Land und den reichen Kommunen stimmt einfach nicht. Auch wenn einige dieser strittigen Finanzthemen, etwa die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes, zunächst die Landkreise betreffen – über die Kreisumlage zahlen die Kommunen mit. Ebenso unklar ist bislang die Kalkulation der Zuweisungen des Landes – Stichwort „Flächenfaktor“, auch strittig zwischen Gemeinde- und Städtetag. Die neben der Gewerbesteuer wichtigste kommunale Einkommensquelle ist die Grundsteuer.
Neu ist die Möglichkeit einer Grundsteuer C, die einen wichtigen Beitrag zur Innenentwicklung von Kommunen leisten kann. Wir haben weiterhin mit unschönen Leerständen und Grundstücksbrachen, manchmal ganz bewussten, zu kämpfen. Jeder Leerstand ist einer zu viel – entweder durch den Imageschaden und Kaufkraftverlust bei leerer Ladenfläche oder fehlendem Wohnraum in bestimmten Preissegmenten. Eine Grundsteuer C könnte Impulse und Anreize setzen, dringend benötigten Wohnraum zu schaffen, auf baureifen, aber brachliegenden Grundstücken. Das Land prüft derzeit die verschiedenen Optionen. Dass wir als eine von vier Kommunen einen Flächenmanager bezuschusst bekommen, freut uns. Diese Aufgabe ist auch vom bestens eingeführten Wirtschaftsförderer Vetter nicht so nebenher zu bewältigen. So können wir uns bereits vor der gesetzlichen Regelung diesem Problem widmen, allerdings ist genau dies auch ein Beispiel für Zielkonflikte: Nicht jedes Grundstück ist dann zuzupflastern, Fragen des Stadtbilds und auch nachbarschaftliche Belange sind abzuwägen, grüne Lungen für ein gesundes Binnenklima und gute Durchlüftung sind ebenfalls notwendig.
Haushalt 2020: Eckdaten
Unsere Steuerkraft liegt weiterhin unter dem Durchschnitt, bei der Verschuldung sind wir im Ranking mehrere Plätze hochgeklettert (wobei weiterhin gilt: Schulden konsumtiver Art sind anderes zu werten als Schulden investiver Art). Unsere Zinsaufwendungen pro Einwohner sind im gleichmäßigen Sinken, allerdings bleibt uns die Systematik des Finanzausgleichs auch beim NKHR erhalten. Unsere Liquidität liegt zum 1.1. 2020 bei stattlichen 12,6 Mio., dass sie zum Ende des Jahres auf 10,9 Mio. sinkt, ist kein Unglück, das Geld wird ja nicht einfach „verbraucht“, sondern es werden Werte geschaffen, wir haben etwas davon! Der Ansatz der Gewerbesteuer ist sehr konservativ, begründet wird dies mit der unsicheren wirtschaftlichen Großwetterlage. Dr. Brütsch sagt: „Lieber hinterher positiv überrascht werden“ – das funktioniert aber nur, wenn es nicht zum Normalfall wird (wie etwa beim 1-er Schüler, der nach jeder Klausur vorbeugend sagt, er habe sie verhauen – irgendwann glaubt ihm das niemand mehr bzw. es nervt, oder der Pessimismus führt zur selbsterfüllenden Prophezeiung).
Einen Rekord erzielen wir bei den Grundstückserlösen; damit dies nicht ein Einmaleffekt bleibt, sind entsprechende Ansätze auch beim Erwerb einzustellen. Die Stadt Ulm ist hier ein positives Beispiel für vorausschauende Grundstückspolitik – wir begrüßen, dass auch in Giengen jetzt entsprechend vorgegangen wird. Für Baumaßnahmen und dem Erwerb von Vermögensgegenständen sind zusammen 5,8 Mio. vorgesehen. Wir können - und müssen - uns das leisten, die Liquidität dazu ist vorhanden; sie ständig zu vermehren ist kein Selbstzweck.
So weit, so gut – wenn nicht da die Unkenrufe wären: Da wird viel zu viel geplant – das ist nicht leistbar - wer soll das bezahlen! Erstens passiert nicht alles auf einmal und sofort und zweitens ist es keine Lösung, aus Angst vor einer Überschuldung, aus Angst vor einer Rezession, jetzt, kaum dass man an Spatenstiche denkt, schon wieder auf die Bremse zu treten oder es gar bei den Pflichtaufgaben zu belassen. Im Gegenteil: In Zeiten von Niedrigzinsen oder gar Strafzinsen und einem Investitionsstau allein im Bereich der Schulen von rund 50 Mio. muss der Zug Fahrt aufnehmen – der einmal vereinbarte Deckel von 3 Mio. für das Gebäudemanagement (GMG) ist schlichtweg nicht haltbar – das wäre bewusster Substanzverzehr. Vorsicht vor einer Abwärtsspirale, ob bei Bauentwicklung, Infrastruktur oder auch bei den Freiwilligkeitsleistungen. Dass diese Aufgabenerfüllung nur möglich ist bei quantitativ und qualitativ ausreichender und vernünftiger, also adäquater Personalausstattung, ist eigentlich eine Binse, aber man muss sie wohl trotzdem immer wieder wiederholen.
Jahr der Spatenstiche
In der Tat: 2020 wird durchaus ein Jahr der Spatenstiche, allerdings gehört auch zur Wahrheit, dass die Anzahl in den Jahren 2017 bis 2019 sehr überschaubar war bzw. diese in eher kleineren Dimensionen erfolgten. Manche Vorhaben wurden - unserer Ansicht nach nicht immer aus zwingenden Gründen - auf Eis gelegt, etwa der Neubau des Kindergarten Lederstraße.
Was lange währt, wird endlich in Angriff genommen – so könnte man den Startschuss für die Stadtmitte und insbesondere den Rathausplatz betiteln. Nicht nur, dass eine permanente Unfallgefahr durch das schadhafte Pflaster beseitigt wird, auch die Aufenthaltsqualität soll spürbar verbessert werden, alles barrierefrei und als Bindeglied zwischen Steiff, Marktstraße und Ried.
Auch das Projekt Sundgaustraße kommt nach etlichen Wendungen nun erstaunlich schnell in die Puschen. Statt Industriebrache ein modernes, ökologisch aufgewertetes modernes Nahversorgungszentrum, das Kaufkraft in Giengen bindet. Zum Dorfgemeinschaftshaus Sachsenhausen haben wir unsere Meinung mehrfach kundgetan – wir werden sehen, wie sich das entwickelt.
Gebäudestrategie
Die Gebäudestrategie ist zurzeit sehr turbulent aufgestellt... die Kommune agiert schon fast wie ein Immobilienmakler. Sie hat 2018/19 zwar wenig gebaut, aber viel aufgekauft und setzt dies fort (Kanne, Gubi, Heidenheimer Straße 49, Jentschke-Gebäude) und hat auf der anderen Seite die Absicht, nicht benötigte Gebäude kurzfristig bzw. mittelfristig zu veräußern (Notariat, Grabenschule, ehemalige Kitas). So sinnvoll im Einzelnen diese Maßnahmen auch sein mögen, wir sehen hier die Gefahr des Überziehens, und die Gefahr, Leerstand zu finanzieren. Nicht in allen Objekten sind entsprechende Mieteinnahmen zu erzielen, nicht in allen Fällen existieren überschaubare und nachvollziehbare Zeitpläne für die Nutzung. Gleichzeitig verzeichnen wir aber Anmietungen für I-Punkt, Integrationsbüro, Seniorenbegegnung und neu für Archiv und Bibliothek und womöglich noch weitere. Leider kam dieser Punkt in der Gemeinderats-Klausur etwas zu kurz, es besteht noch Diskussionsbedarf. In den vergangenen Jahren haben wir von der SPD-Fraktion beklagt, dass keine Langfriststrategie erkennbar war – man kann aber auch über das Ziel hinausschießen und viel Zeit und Arbeit investieren in Dinge, die vor dem Ablauf eines Jahrzehnts aller Voraussicht nach nicht in Angriff genommen werden können, und zudem die Parameter veränderlich sind. Gedankenspielerei bringt die Gefahr des Verzettelns.
Im Wirtschaftsplan des GMG wird ähnlich wie im Vorjahr eine Unterfinanzierung von Unterhaltungsmaßnahmen für das gesamte Anlagevermögen dargestellt. Notwendig wäre für den Substanzerhalt, bei einer Abschreibungszeit von 50 Jahren, deutlich mehr. Der in den letzten Jahren intensiv vollzogene Schuldenabbau beim GMG (2011: 9,55 Mio., 2018: 4,88 Mio.), so OB Henle in seiner Rede zur Einbringung, lasse eine maßvolle Neuverschuldung in den kommenden Jahren für Investitionen zu, um Werteverzehr zu verhindern, zumal das historisch niedrige Zinsniveau wohl noch eine Weile anhalten wird. Wir sehen das genauso.
Ein großes Dilemma verfolgt uns da beim Thema Schulen, und zwar die Diskrepanz zwischen dem Zustand mancher Gebäudeteile (hinsichtlich Substanz, energetischem Zustand und pädagogischen Anforderungen) und der zeitlichen Perspektive für Generalsanierungen bzw. Neubau. Der Sanierungsstau von insgesamt 50 Mio. könnte einen schwindlig machen. Ein Blick auf die Haushaltsanalyse der IHK erklärt zumindest einen Teil des Dilemmas: von 2016 bis 2019 betrug der Investitionsanteil im Bereich Bildung in Giengen im Durchschnitt nur 9,61 Prozent. Ellwangen, Aalen, Schwäbisch Gmünd und Heidenheim kommen auf 25 Prozent und mehr...und die Jahre zuvor war es mit Sicherheit nicht besser.
Gewerbe und Innenstadtentwicklung
Nun noch mal zur Innenstadtentwicklung und der Handel- und Gewerbeförderung - zwei Themen, die unmittelbar zusammenhängen. Wir haben zwei grundsätzliche Probleme – erstens die mangelnde Attraktivität unserer Innenstadt und zweitens den Strukturwandel. Zur Attraktivität trägt das Kaufangebot bei, also Läden unterschiedlichster Art, aber eines ist auch klar: „Einkaufen können“ reicht nicht, vor allem, weil wir das zweite Problem, den Strukturwandel, nicht rückgängig machen können, also Einkaufen im Internet oder in großen Zentren auf der grünen Wiese. Wir brauchen Aufenthaltsqualität, etwas fürs Auge, also Brunnen, Blumen, ansprechende Fassaden und Schaufenster, was für den Körper, also Spielgeräte, Sitzgelegenheiten auch ohne Konsum, unfallfreies Pflaster zum Flanieren, Gastronomie mit Außenbewirtschaftung und wir brauchen was für den Geist und für Unterhaltung, also Bibliothek, Musikschule, Open Air-Veranstaltungen wie Halb 8. Und das Serviceangebot von Verwaltung, Behörden und Dienstleistern. So kann die Marktstraße wieder zum Herz, zum Zentrum, zum „Wohnzimmer“ der Stadt werden – wir sind da auf einem guten Weg.
Bildung und Soziales
Ich zitiere kurz eine Passage aus Ihrer Rede zur Haushaltseinbringung, und zwar deshalb, weil sie in prägnanter Form beschreibt, wie wir hier in Giengen leben wollen. „Wichtig ist uns der generationenübergreifende Gedanke – die gesellschaftliche Integration aller Menschen in Giengen: egal wie alt, von woher, welchen Geschlechts, welcher Hautfarbe, wie gesund, wie wohlhabend, wie gutaussehend, ...“ ... und wir hoffen sehr, dass dies nicht nur gute Absicht bleibt und vieles unter dem berühmt-berüchtigten Finanzierungsvorbehalt begraben wird. Integration ist eine dauerhafte Aufgabe und es geht zunehmend nicht mehr nur um Geflüchtete, sondern auch um Arbeitsmigration, vor allem aus Osteuropa. Das Aufgabenbild ist im ständigen Wandel. So schillernd und vielfältig die Gründe für einen Zuzug nach Giengen, so vielfältig auch die Aufgabe der Integrationsmanager- und Beauftragten. Wir wünschen uns hier zeitnahes Reporting, auch was die Situation nach dem Weggang von Frau Augustin angeht. Dass wir uns um eine solidarische Gesellschaft bemühen und dass dies gelingen kann, zeigt die Aktion Sternenkässle mit der Unterstützung ausgewählter bürgerschaftlicher Aktionen für Jung und Alt, das zeigt das gute Anlaufen der Seniorenalltagshilfe, das zeigt auch das Projekt des Stadtseniorenrats mit der neuen Kneipp-Anlage, die gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe schlägt: Aufwertung des Brenzufers, was für die Gesundheit, was für die Begegnung, was für den Tourismus. Wir freuen uns auf das eigentlich überfällige Spielflächenkonzept, das im Februar vorgestellt werden soll. Was die Kinderbetreuung angeht, gehen wir davon aus, dass der Bedarf noch steigen wird, Giengen hat im Landkreis eine unterdurchschnittliche Betreuungsquote.
Schulen: Phase 0 und Digitalisierung
Bei der Schulentwicklung ist entscheidend, dass endlich der Startschuss fällt. Die lange Vorplanung in der Phase 0 war notwendig, damit keine falschen Entscheidungen bzw. schwer korrigierbare gefällt werden und eine Priorisierung möglich ist, aber jetzt muss es losgehen. Die laufende gute finanzielle Ausstattung der Schulen kann weder Raumnot auffangen noch Investitionen ersetzen. Für etwas Ärger sorgt der Digitalpakt für Schulen bzw. die Verzögerungen bei der Umsetzung. Das Land hat für die rund 650 Mio., die für Ba-Wü vorgesehen sind, ein umständliches Verfahren mit sehr vielen Beteiligten und sehr vielen Verfahrensschritten in die Wege geleitet... die Experten vor Ort an den Schulen, die genau wissen, was gebraucht wird und die ihre Hausaufgaben über Medienentwicklungspläne bereits gemacht haben, werden so ausgebremst.... oder um es zu veranschaulichen: das ist, wie wenn Sie vor der dampfenden Schweinshaxe sitzen und Ihnen wird das Besteck vorenthalten.
Digitalisierung
Im Hochtechnologieland sind wir bei diesem Thema im Vergleich zu anderen Ländern fast noch Entwicklungsland. Für unsere Zukunftsfähigkeit hier vor Ort können wir erste Teilerfolge verbuchen; weiße Flecken werden jetzt gefördert, das schnelle Internet bis zur letzten Milchkanne ist ein anschauliches Bild, auch wenn die Nutzer in Hürben und Burgberg da zunächst außen vor bleiben und mit geringeren Übertragungsraten vorlieb nehmen müssen. Dass zunächst Gewerbegebiete und die Schulen versorgt werden, erscheint uns logisch; mit dem SMASA-Projekt in Sachsenhausen haben wir auch eine Vorreiterrolle inne. Öffentliches W-Lan an markanten Plätzen ist ein Wettbewerbsfaktor und übernimmt weitaus mehr als die Aufgabe der früheren Telefonzellen.
Kultur - Sport - Tourismus
Das ist der klassische Bereich der „Freiwilligkeitsleistungen“ einer Kommune – und das Herzstück der Kommunalpolitik – nur hier können wir tatsächlich selbst bestimmen. Bei staatlichen Aufgaben wird uns das „Dass“ und das „Wie“ genau vorgeschrieben, bei Feuerwehr, Schulen, Kinderbetreuung wird uns das „Dass“ vorgeschrieben, wir dürfen aber die Ausführung in bestimmten Grenzen modifizieren. Aber alles, was unter Kultur, Sport und Freizeit fällt ... Spielplätze, Museen, Sport- und Bolzplätze, Bäder, Grünanlagen, Parks, Grillplätze, Wohnmobilstellplätze, Jugendzentren, Vereinsförderung, Partnerstädte, VHS, Bibliothek, Musikschule, Konzerte, Stadtbus – das sind alles „Freiwilligkeitsleistungen“. Aber freiwillig heißt nicht verzichtbar oder überflüssiger Luxus! Es ist wohl ein Kostenfaktor, aber man stelle sich das Leben ohne vor – was hieße das für unsere Lebensqualität.
Stichwort Lebensqualität führt zum Thema Mobilität und Umwelt
Das Thema Lärm verfolgt uns nun schon mehrere Jahre, die Unterschriftenaktion an der Ulmer Straße war 2012. Wir hoffen, dass der Lärmaktionsplan nun endlich zur Verabschiedung kommt... nicht nur Ulm macht vor, dass man selbst in Hauptverbindungsstraßen nachts auf Tempo 30 begrenzen kann.
Dank gebührt OB Henle und MdL Stoch für ihren Einsatz für den Lärmschutzwall entlang der A7. Neue Fragen ergeben sich da im Zuge der Erschließung des GIPA (Giengener Industriepark). Dass Verkehr und Geschwindigkeitskontrolle zusammengehören, vor allem auch wegen der Sicherheit, zeigten die Messungen in der Schwagestraße und der Ulmer Straße... Spitzenwerte von 150 km/ bzw. 122 km/k und Überschreitungen in 73 Prozent der Fälle lassen am Verantwortungsbewusstsein des freien Bürgers zweifeln. Im Bereich des ÖPNV braucht es eine Gesamtschau örtlicher und landkreisbezogener Aspekte; die Möglichkeiten eines kreisweiten 365-Euro-Tickets für den gesamten ÖPNV werden demnächst erörtert. Es geht ja nicht nur darum, von A nach B zu kommen, sondern es geht auch um ökologische Aspekte wie C0-2-Ausstoß, Ressourcenverbrauch, also Umwelt- und Klimaschutz; es geht um soziale Aspekte wie Teilhabe und Versorgung.
Enttäuscht sind wir vom Ertrag des Projekts Komobil – nach drei Jahren gibt es außer Modellen und Untersuchungen und gefühlt zehnmal den gleichen Vortrag kaum Handfestes. Das Angebot an Trägern (Landkreis, Kommune, Busunternehmen, Bahn, Taxigewerbe, Ehrenamtliche, Vereine) sowie an Formen (Bürgerbus, Rufbus, Car-Sharing, Ruftaxi, Mitfahrzentrale, Mitfahrbänke) scheint so vielfältig zu sein, dass man vor lauter Bäumen den Wald nicht sieht. Wir wünschen uns neben dem bestehenden Linienangebot ein niederschwelliges Angebot, das rechtlich sicher, aber kein Verwaltungsmonstrum ist. Vielleicht können die von uns im letzten Jahr beantragten Mitfahrbänke, quasi die moderne Form des Trampens, doch noch realisiert werden? Vielleicht gibt es Erfahrungsberichte aus anderen Kommunen, die solche Projekte bereits erfolgreich umgesetzt haben? Ich denke da zum Beispiel an Ostrach. Innerörtlich haben wir eine Gemengelage – das Auto konkurriert mit Bus, Radlern diverser Couleur (E-Biker, „Kampfradler“, normale Radler, Kinder), mit E-Scootern und Fußgängern um den zum Teil schmalen Verkehrsraum, um Parkmöglichkeiten und Abstellmöglichkeiten. Die wiederbelebte Agenda-Gruppe Rad leistet in der Bestandsaufnahme und Beschreibung der Mängel gute Arbeit, aber damit ist es noch nicht getan. Wir sehen es als Aufgabe der Stadt, hier die Bedürfnisse der verschiedenen Verkehrsteilnehmer abzugleichen und zu koordinieren, im Sinne von mehr Sicherheit, vor allem für die schwächeren Verkehrsteilnehmer.
In diesem Zusammenhang begrüßen wir die Fertigstellung des Verkehrsübungsplatzes für unsere Kinder – zudem erfuhr das Gelände eine deutliche optische Aufwertung. Jedes Auto weniger in unseren Städten durch Alternativen bedeutet einen Gewinn an Lebensqualität – das führt mich zum Thema
Nachhaltigkeit
Die Energiewende vor Ort ist eine Frage der Zukunft und der Generationengerechtigkeit. Schön, dass bei uns der Agendagedanke noch so lebendig ist, schön, dass wir bei der Umstellung auf LED eine Vorreiterrolle gespielt haben, schön, dass bei Neubauprojekten und Sanierungen auf regenerative Energien gesetzt wird – die Strategie Sonnendächer sollten wir weiterverfolgen. Auch den Grundsatz nach Landesbauordnung § 9.1 „nicht überbaute Flächen müssen begrünt werden“ sollten wir stringent verfolgen; Auflagen in B-Plänen, die Schottergärten verbieten, begrüßen wir – es gibt pflegeleichte Alternativen in Grün. Dies gilt auch und in besonderem Maße für neue und große Gewerbeflächen wie den GIPA.
Müllsünder und Mülldetektiv
Es gibt tatsächlich noch kommunalpolitische Themen, die ziemlich einhellig positiv bewertet werden – die Anstellung eines Mülldetektivs auf 450.- Euro-Basis entsprechend unseres letztjährigen Antrags gehört dazu. Sollte diese Konstruktion sich nicht bewähren oder sich als nicht weitgehend genug erweisen, um den erwünschten Zweck zu erreichen, müssen wir – auch unterjährig- darüber nachdenken, das Aufgabengebiet bzw. den Zeitrahmen zu erweitern. Nach dem jetzigen Modell bleiben ja Lücken am Abend und an Wochenenden.
Teilorte
Unsere Teilorte sind uns wert und teuer – da sind sich alle drei Fraktionen einig. Alle vier wurden in unserer Klausur und im HH-Plan bedacht, überall steht sowohl Wohnbau-Entwicklung als auch Gewerbe-Entwicklung im Fokus. Das Thema Grundschulen hat nicht mehr die Brisanz wie in den Vorjahren, bei der Sanierung von Infrastruktur werden die Teilorte ebenfalls nicht vergessen. Sachsenhausen wird mit Infrastruktur gerade besonders bedacht. Die größte Bewegung gibt es derzeit im Teilort Burgberg. Nach dem Treffen mit den Vereinen im 1. Quartal 2020, bei dem abschließend Wünsche und Bedarf diskutiert werden, sollten mögliche Grobkonzepte und Kosten für die Entwicklung der Dorfmitte erstellt werden, die anschließend in der Bürgerwerkstatt diskutiert und ergänzt werden. Die Gespräche mit Sdtnet sollten fortgeführt werden, damit Angebot, Qualität und auch Service möglichst bald verbessert werden. Die Entwicklung des Baugebiets Schlossblick sollte nach Jahren des Stillstandes zügig weitergehen, besonders im Hinblick auf die zweite Zufahrt auf den Stettberg, die endlich kommen muss.
Dass wir „Kommune des Jahres“ geworden sind, ist der „Lohn“ für eine erkennbare Strategie, quasi ein „Vorgriff auf den Erfolg“ und eine Ermunterung für die folgenden notwendigen Schritte. Ich danke allen mit der Planerstellung befassten Mitarbeitern in der Verwaltung und in den Eigenbetrieben für die sorgfältige Erstellung. Ich hoffe, wir können gemeinsam auch mit dem neuen Instrumentarium für eine gute Zukunft sorgen. Und zu guter Letzt - wir haben gar keine haushaltsrelevanten Anträge, nur Aufgaben. Und ich ende nicht mit einem Zitat, sondern mit Zahlen: wir haben grob gerechnet pro Einwohner Aufwendungen in Höhe von 2170 Euro, rund 650 Euro Schulden ... und meine Rede 1,8 Wörter.